Rückbau zur Wildnis

Keine Industrieruinen in den Bergen

MW-Demonstration am Wank
MW-Demonstration am Wank

Im gesamten Alpenraum sind zigtausende Gondelbahnen, Ski- und Sessellifte gebaut worden. Sofern sie in Betrieb sind, erfüllen sie zumindest ihre Funktion – wie fragwürdig dies auch alles für uns erscheinen mag. Was aber passiert, wenn diese Aufstiegshilfen nicht mehr benutzt werden und stillgelegt sind? Stillgelegt, wenn die Bahngesellschaft pleitegegangen ist, wenn das Skigebiet so tief liegt, dass sich Modernisierungen und auch Produktion von Kunstschnee nicht mehr lohnen; wenn andere Naturgefahren wie Lawinen oder zunehmender Steinschlag die Bahnen oder das Skigelände bedrohen, wenn der auftauende Permafrost die Bahnstützen ihrer bislang stabilen Unterlage beraubt … Dann stehen die Gebäude und Masten als rostende und abbröckelnde Zivilisationsruinen im Gelände herum, sind hässliche Zeugen einer vergangenen Zeit. Mountain Wilderness fordert in diesem Fall: Rückbau zur Wildnis!

 

All diese Bauten (und dies gilt auch für die Speicherteiche zur Kunstschneeerzeugung, oder nicht mehr genutzte militärische Anlagen) sollten in diesem Fall von den damaligen Investoren oder Bauherren zurückgebaut werden, und dies sollte auch per Gesetz so festgelegt sein. Bislang gibt es dafür nämlich in den Alpenländern inklusive Deutschland keinerlei (oder nur unzureichende) gesetzliche Regelungen. Unsere politische Hauptforderung lautet: Die Erbauer solcher nicht mehr genutzter Lifte müssen auch für den Abbau geradestehen.

Im Jahr 2006 veranstaltete Mountain Wilderness Deutschland einen Aktionstag am Wank oberhalb von Garmisch-Partenkirchen, wo vier Schlepplifte in der wunderschönen Berglandschaft vor sich hin rosteten. Zwischenzeitlich fand die Forderung eines Rückbaus Gehör. 2010 wurden sämtliche Liftanlagen bis auf ein Lifthäuschen wieder entfernt.

 

2014 wollen wir das Thema wieder verstärkt aufgreifen. So haben wir Anfang des Jahres das Landratsamt Miesbach dazu aufgefordert, sich endlich um den stillgelegten Lift an der Brecherspitze zu kümmern. Teile davon wurden zwar bereits entfernt, aber noch immer verschandeln u.a. ein altes Lifthäuschen und ein riesiges Betonfundament die Berglandschaft. Immerhin wurden wir für Mitte Mai zu einer Orstbegehung eingeladen … und hoffen bei dem neuen grünen Landrat Rzehak mehr Gehör zu finden als bei seinem CSU Vorgänger Kreidl.

 

Bereits 2004 waren wir zu einem verwandten Thema in Georgien tätig: Unter dem Motto »Dawasuptaot — Lasst uns aufräumen« organisierte MW Deutschland zusammen mit MW Schweiz eine Aufräumaktion im georgischen Kaukasus. Ziel war das Gelände um eine ehemalige meteorologische Station (3.680 m), die heute als Unterkunft bei der Besteigung des 5.044 m hohen Kasbek genutzt wird. Insgesamt wurden etwa drei Tonnen Müll und Schrott (dieser stammte vor allem von der meteorologischen Station) gesammelt. Die Aktion wurde sogar vom Georgischen Umweltministerium unterstützt, welches Helikopter zur fachgerechten Entsorgung im Tal zur Verfügung stellte.

 

Die Dokumentation können Sie sich hier als PDF downloaden


Aufräumarbeiten in den Bergen

am Pass von Granon oberhalb von Briancon wurden verbliebene Anlagen aus dem zweiten Weltkrieg entfernt

 

Am Wochenende vom 17. bis 20. August 2018 fand das dritte Jahr in Folge eine Aktion von Mountain Wilderness France im Rahmen des Projekts „Installations obsolètes“ am Pass von Granon statt. Es ist bereits die siebenundvierzigste Aktion dieser Art, die MW France organisiert hat und bei der es auch an diesem Wochenende darum ging, die Berge von heute nutzlosen Anlagen wie beispielweise aufgegebenen Skiliften oder alten Militärkonstruktionen zu befreien. Der Pass von Granon ist umgeben von Bunkern, Stacheldrahtzäunen, alter Munition und anderen Anlagen, die im Zuge des Zweiten Weltkriegs errichtet wurden und heute, abgesehen von den unästhetischen Aspekten, vor allem für Flora und Fauna eine Gefahr darstellen.

 

Grund genug für rund 40 Freiwillige ein Wochenende lang gemeinsam tätig zu werden. Das Team bestand aus Helfern unterschiedlicher Nationen und verschiedenen Alters zwischen 4 und 80 Jahren. Bevor sich die Teilnehmer am Samstag früh an die Arbeit machten, startete der Morgen mit einem Briefing, bei dem Arbeitsgruppen für die insgesamt fünf Baustellen gebildet, die Aufgaben verteilt und die Teilnehmer mit Arbeitshandschuhen, Helmen und sämtlichen Werkzeugen ausgestattet wurden. Aufgrund des schlechten Wetterbreichts für den Samstagnachmittag arbeiteten am Morgen alle konzentriert und zügig, sodass bereits bis zum frühen Nachmittag ein Großteil der Arbeit erledigt werden konnte. Eine Arbeitsgruppe wurde allerdings vom Ausmaß der Baustelle überrascht, der Stacheldrahtzaun wollte kein Ende nehmen und es zeigte sich, dass für Sonntag eine weitere Arbeitsgruppe an dieser Baustelle nötig war. Am Sonntag gab es dann zwei große Baustellen. Unter anderem wurde das Kabel einer Materialseilbahn, die nie in Gebrauch genommen worden war, aus den Bergen entfernt und in Teile zersägt. Die weiteren Arbeiten bestanden vor allem im Entfernen von meterlangen Stacheldrahtzäunen und Eisenstäben, die im Boden verankert worden waren. Das Wetter blieb überraschenderweise das Wochenende hindurch stabil und die freiwilligen Helfer konnten bei schönstem Sonnenschein unter blauem Himmel den Aufgaben nachgehen.

 

Die Jagd nach allem, was rostbraun aus dem Boden hervorlugte und absolut nicht in die Natur gehörte, und die Motivation, vielen Leuten, darunter Wanderern und Schäfern eine Freude zu bereiten, beflügelte uns alle. Trotz der harten Arbeit war es ein sehr erfüllendes Wochenende, bei dem neue Freundschaften geschlossen wurden und spannende Unterhaltungen am Abend sowie ein bereichernder kultureller Austausch stattfand.

 

Auch für die Organisation, unterstützt von einer regionalen Einrichtung mit Sitz in Briançon sowie qualifizierten Bergführern, war dieses Wochenende ein voller Erfolg. Etwa 10 Tonnen Eisen- und Stahlabfall konnten am Montag mithilfe eines Helikopters und eines Schrotthändlers abtransportiert werden.

 

Weitere Aktionen dieser Art und Informationen zur Teilnahme an der nächsten Aktion sind hier zu finden:
https://www.mountainwilderness.fr/decouvrir/nos-campagnes/installations-obsoletes-nettoyons-nos-paysages-montagnards/

 



Zugehörige Mountain Wilderness Aktionen & Pressemitteilungen

Rückbau zur Wildnis!


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